Jethro Tull - A Stitch In Time
"A Stitch in Time"

Februar 1940
Mit einer unheilvollen Drehung, einem kleinen Wirbel der Luft, erschien die dunkle Gestalt vor dem hohen Gebäude aus hellem Sandstein. Den Hut tief in die Stirn gezogen als Schutz gegen den hartnäckigen Wind, machte sich die Gestalt auf den Weg in Richtung Eingang. Wo die Muggel, oder, wie man hier sagte, Unwisse, nur ein Gebäude ihrer eigenen Regierung sahen, gab es einen besonderen Eingang, der den magischen Mitgliedern der Gesellschaft vorbehalten war.
Es mochte seltsam anmuten, dass Magier und Nichtmagier so nahe beieinander ihre Regierungsplätze hatten, und das in Zeiten, in denen die Unwisse das Andere, das Fremde so sehr fürchteten, dass sie ihresgleichen zu Millionen ermordeten, und Zauberer die sogenannten Kaputnixe verachteten. Die Gestalt hatte inzwischen den Eingang erreicht, wo der Pförtner ihr bereits die Tür aufhielt und sie erst ihren Regenschirm abschüttelte, bevor sie über die Schwelle trat.
Drinnen angekommen, grüsste sie die grosse Statue des hochverehrten Führers Schlutke mit einem Schlag der rechten Faust auf die linke Brust, ehe sie eine der magischen Treppen bestieg, eine Erfindung, die, wie man sagte, die Muggel von den Zauberern gestohlen hatten. Dabei betrat man eine der Treppen vor einem und wartete, bis sich ebendiese magisch an den gewünschten Ort bewegte. Angeblich hatten auch die Briten in ihrer Schule solche Treppen, aber das konnte sich Gerda kaum vorstellen.
Während der Fahrt musste sie wieder einmal die architektonische Kunst der magischen Reichskanzlei bewundern. Das Gebäude war erst vor knapp sechzig Jahren im Stil des Klassizismus umgebaut worden. Hohe Säulen säumten die Wände und gaben der grossen Eingangshalle ein wuchtiges, massives Aussehen.
Als Gerda in ihrem kleinen Büro im sechsten Stock angekommen war, packte sie wie jeden Morgen zuerst die Papiertüte mit ihrer Stulle aus, legte sie in die unterste Schublade ihres Eichenschreibtisches und verstaute ihre schwarze Handtasche unter dem Tisch. Dann fing sie an, die Papiere auf ihrer Ablage zu sichten, eines nach dem anderen, schön ordentlich in Reihenfolge des Eingangs. In diesem Moment klopfte es harsch an der Tür und ihr Chef, Herr von Rommersdorf, stand vor ihr. Wie gut er aussah, mit seinem hellblonden Haar und den Augen so kalt wie das Gletscherwasser in der Schweiz.
«Heil Schlutke», rief Gerda sofort aus, stand auf und zeigte den allgemein üblichen Gruss. Rommersdorf antwortete rasch auf die gleiche Art, dann setzte er sich unaufgefordert auf Gerdas Stuhl und wies sie an, sich ebenfalls zu setzen.
«Fräulein Goldstein», kam Rommersdorf sofort zum Punkt, «ich habe eine wichtige Aufgabe für sie! Uns sind einige gegnerische Informanten in die Hände gefallen und wir brauchen unbedingt jemanden, der sie ein wenig ausquetscht. Sie sprechen doch Französisch?»
Gerda nickte nur, zu aufgeregt um etwas zu sagen. Das war ihre Chance, die Gelegenheit, ihren Chef zu beeindrucken. Ihre Eltern stolz zu machen. Die Schmach von ihrer Familie zu wischen, die ihr verfluchter Bruder, dieser Kaputnix über sie gebracht hatte!
Wie lange haben sie auf diesen Tag gewartet. Mamas Bauch ist seit Wochen und Monaten gewachsen und sie hat ihnen erzählt, dass sie noch ein Baby bekommen würde. Es wird bestimmt so werden wie mit Elise, zumindest redet sich Gerda das ein. Sie wird die wichtigste Person im Leben des Kleinen sein und es wird genau wie ihre kleine Schwester zu ihr aufblicken.
In diesem Moment kommt Papa ins Mädchenzimmer. Laut lachend umarmt er seine Prinzessinnen. «Es ist ein Junge!», ruft er freudestrahlend, «Kommt mit, Mädchen, lernt euren kleine Bruder Robert Junior kennen.»
Im Elternzimmer angekommen, liegt er da, rotgesichtig, faltig wie ein alter Mann und schreiend, im Arm ihrer Mama. Gerda weiss nicht, was sie davon halten soll. Sie blickt rüber zu Elise, um mit ihr einen misstrauisch-genervten Blick auszutauschen, so wie sie es immer tun, wenn sie einer Meinung sind. Aber Elise schaut nicht zu ihr.
Sie beachtet sie nicht. Stattdessen geht sie langsam und ruhig auf ihre Mutter zu. Diese gibt ihrer jüngeren Tochter den Säugling in den Arm und augenblicklich hört das Bündel auf zu plärren. Gerda schaut zu, wie ihre Eltern Elise loben, wie sie stolz auf ihren kleinen Bruder blickt und Gerda weiss in diesem Moment, dass sich etwas geändert hat, dass es nicht mehr sein wird, wie es war.
Sie erwachte aus ihren Gedanken, als sie spürte, wie ihre Fingernägel schmerzhafte Halbmonde in ihre Handfläche gegraben hatten. Sie hatte nicht bemerkt, dass Herr von Rommersdorf ihr Büro wieder verlassen hatte.
Dieser Kaputnix hatte ihr nicht nur die Herzen ihrer Eltern gestohlen, er hatte auch das ihrer Schwester genommen. Die einzige Person, die Gerda verstanden hatte. Und noch schlimmer, jetzt hatte er sie auch noch dazu verführt sie alleine zurückzulassen. Und sie schwor sich, dafür würde er bezahlen.
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«Einen angenehmen Tag, Master Weasley»
Mit einem kleinen Knicks verabschiedete sich Nellie von ihrem Arbeitgeber. Als er aus der Tür ist, blickte sie noch einen Moment auf die verschlossene Tür, dann drehte sie sich auf dem Absatz um und rannte die Treppe rauf, in ihr Kämmerchen. Sie hockte sich vor die Truhe, in der er verstaut war, der Eichenstab, der mehr aussah wie ein Ast als wie ein magisches Artefakt. Andächtig nahm Nellie ihn heraus, drehte in vorsichtig in den Fingern und blickte automatisch hoch zum Kruzifix, das sie über ihrem Bett aufgehängt hatte.
Es tut mir leid. Ich weiss, es ist falsch. Ich habe gesündigt und ich werde es wieder tun. Aber wie kann sich etwas Falsches so richtig anfühlen?, dachte sie für sich.
Dann fasste sie einen Entschluss, stand auf und stellte sich kerzengerade hin. Den Arm in Fechterstellung vor sich ausgestreckt, sprach sie langsam und konzentriert die Formel, die Master Weasley ihr erst gestern beigebracht hatte.
«Wingardeum Leviosa!»
Und tatsächlich, das Blatt Papier auf ihrem Tisch rührte sich, schwebte einige Zentimeter über der hölzernen Platte und landete anschliessend sanft auf derselbigen. Vor Freude sprang Nellie aufgeregt auf und ab. So übte sie den ganzen Morgen. Als die Sonne langsam aber sicher den Zenit erreichte und die grosse Standuhr in der Stube zwölf schlug, packte Nellie den Stab wieder fürsorglich ein und schloss die Truhe. Dann machte sie sich auf den Weg ins Erdgeschoss, schnappte sich den Einkaufskorb und ihren Mantel und verliess das Haus.
Ihr Weg führte sie ins Stadtinnere von St. David’s, tiefer und tiefer durch die verwinkelten Strassen. Sie wusste genau, wonach sie suchte, nur wusste sie nicht, wo sie es finden könnte. Es dauerte eine Stunde und Nellie war kurz davor gewesen aufzugeben, bis sie endlich vor dem kleinen Laden stand. Howard’s Hausrat. Alles sah genauso aus, wie als Nellie vor drei Wochen zuletzt hier gewesen war und dieses Mal erschrak sie nicht, als die Tür von alleine aufschwang. Zielstrebig marschierte die junge Magd in das Geschäft und wartete am Tresen auf die ältliche Madam Howard. Als diese endlich kam und Nellie durch zusammengekniffene Augen erkannte, lächelte sie breit ein zahnloses Grinsen.
«Ich hatte gewusst, dass du zurückkommen würdest. Weisst du, mein Kind, ich habe zu Peterson gesagt, diese Kleine, die hat noch nicht was sie braucht, die wird zurückkommen. Und ich habe Recht behalten!»
«Madam Howard», fragte Nellie, nicht mehr sicher, ob ihr Vorhaben gelingen würde. «Haben Sie ein Buch über Zauberei? Am besten über Haushaltszauber? Vielleicht nicht zu schwierige…», schloss sie zögerlich.
«Aber natürlich, Kind, aber natürlich! Madam Howard hat alles was ein magisches Herz brauchen kann und wenn sie es nicht hat, dann braucht es niemand. Zauberbuch, hast du gesagt? Lass mich mal nachsehen», antwortete sie schnarrend.
Mit überraschend schnellen Schritten trippelte die alte Dame in einen Hinterraum ihres Ladens und man hörte sie kramen und konnte auch gelegentlich ein Klirren oder Scheppern vernehmen. Nellie überlegte schon, ob sie ihr nach hinten folgen sollte, als die Ladenbesitzerin ausrief: «Da haben wir es ja!»
Trippel, trippel, schon kam die alte Hexe wieder nach vorne und legte behutsam einen dicken, in dunkles, verblichenes Leder gebundenen Folianten auf den Tresen. Nellie äugte auf die goldgeprägte Inschrift. Es fiel ihr schwerer als üblich, die Schrift zu entziffern, da das Gold an einigen Stellen schon etwas abgeblättert war. Bez-uber-des Ba-k-n, dann kam ein seltsames Zeichen, eine Art Kringel und dann ging es weiter mit hand-iches Ha-shalt-n. Nellie konnte nicht jeden Buchstaben lesen, aber sie schloss, dass es in diesem Buch ums Backen und Haushaltführen ging. Genau das, was sie brauchte, um ihren Herrn zu beeindrucken.
«Wie viel macht das?» fragte Nellie unsicher. Sie hatte ihren gesamten Muggellohn der Woche dabei, zwanzig Pfund. Natürlich hatte Master Septimus ihr Geld gegeben, aber das konnte sie ja unmöglich für so etwas privates wie ein Buch ausgeben.
«Nun ja, der Einband hat ein wenig gelitten und es gibt mittlerweile eine neuere Auflage, deswegen werde ich es dir für zwei Galleonen geben. Das ist ein fairer Preis, mein Kind!»
Nellie erinnerte sich von ihrem ersten und letzten Besuch in der Winkelgasse vage, dass Galleonen die grossen goldenen Münzen sein mussten. Aber natürlich besass sie keine.
«Ich habe keine Galleonen. Aber ich habe Pfund dabei. Würden Sie auch diese Währung akzeptieren?»
Die Alte starrte sie an, als wäre sie sich nicht sicher, ob das ein Scherz sein sollte. Dann erwiderte sie: «Nun gut, normalerweise nehme ich kein Muggelgeld an, aber ich mag dich irgendwie und ich werde für dich eine Ausnahme machen, Kleines. Das macht dann zehn Pfund und 45 Pence.»
Und noch während Nellie zahlte, stellte sie sich vor, wie Dr. Weasley schauen würde, wenn sie ihm etwas vorzauberte, vielleicht ein besonderes Essen? Wie er sie mit anderen Augen sehen würde, vielleicht sogar als ebenbürtig, nicht nur als seine Angestellte. Wie er sie übermütig hochheben und umherwirbeln würde. Und wie er sie vor Freude über ihre neuen Fähigkeiten vielleicht sogar küssen würde. Und obwohl sie wusste, dass sie sich wegen dieser sündhaften Gedanken schuldig fühlen sollte, konnte sie eine freudige Aufregung nicht verleugnen.
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Armando schwang sich elegant in den Sattel seines roten Hengstes. Redstorm war schon seit ein paar Jahren sein treuer Gefährte und seine Ausrede, sich regelmässig aus dem Schloss zu stehlen und für ein paar Stunden zu verschwinden. Zügig trieb Armando das Pferd durch die Felder, auf den Wald zu. Es war kalt und windig und Armando erhoffte sich von den Bäumen Schutz vor dem eisigen Sturm.
Es waren schon wieder vier Wochen vergangen, seit er Louise gesehen hatte und er wusste, dass er das unumgängliche bald tun und sie wiedersehen musste, um mit ihr die Hochzeit zu planen. Bis jetzt hatte er sich unter dem Vorwand, haufenweise Arbeit zu haben, aus der Affäre ziehen können, aber das würde ihn nicht lange schützen. Er dachte ein wenig über seine Zukunft nach, aber ihm viel kein Ausweg ein.
Während er im lockeren Trab über die Felder ritt, betrachtete er die Landschaft um sich herum. Die Wege waren spiegelglatt, da es in den letzten Tagen getaut war und letzte Nacht wieder Frost gehabt hatte. Doch er hatte die Hufe seines Pferdes mit einem Anti-Rutsch-Zauber belegt, da er nicht wollte, dass sich der Hengst bei dem wilden Ritt ein Bein brach.
Dunkelgraue Wolken jagten über den stürmischen Himmel und es sah aus, als würde es bald regnen. Armando seufzte innerlich bei dem Gedanken daran, dass er bald wieder nach Hause umkehren müsste, wenn er nicht klatschnass werden wollte.
Dann dachte er an Rosalias Bruder. Der Glückliche musste sich nicht mit Problemen wie heiraten herumschlagen. Andererseits war er natürlich ständig in Lebensgefahr, das durfte man auch nicht unterschätzen. Und doch, war es nicht besser, frei für sein Vaterland zu sterben als sein Leben als Gefangener der Gesellschaft zu verbringen?
Und doch hatte er Rosalia versprochen, alles Mögliche zu tun, um Dacre zurückzuholen. Er wusste zwar noch nicht konkret wie er das anstellen könnte, aber er hatte verschiedene Ideen und konnte ein paar Kontakte im Ministerium spielen lassen. Das konnte ja nicht so schwierig sein. Er musste es einfach schaffen. Das schuldete er Rosalia.
Noch während Armando über dieses Problem nachdachte erblickte er auf einmal eine Gestalt. Er hatte nicht erwartet mitten im Wald auf eine andere Menschenseele zu treffen, vor allem nicht bei diesem Wetter. Es war eine junge Frau, mit gewellten hellbraunen Haaren und einem wollenen blauen Mantel. Er zügelte sein Pferd und beobachtete sie.
Offenbar wurde sie von einem Baum voller Bowtruckles angegriffen, denn zwei der Baumgeister hingen ihr in den Haaren und zerrten heftig daran. Ein dritter hatte sich den Zauberstab der jungen Frau geschnappt und war gerade dabei den Baum hinter ihm zu erklimmen. Sofort eilte er ihr zur Hilfe. Mit einem gut gezielten Ebublio-Fluch liess er die kleinen Holzmänner zurück in ihre Äste schweben, von wo aus sie mit wütenden Gesten in ihre Richtung zeigten. Dann hob er den Zauberstab auf, der zu Boden gefallen war und gab ihn der Frau zurück.
«Was haben Sie getan? Wie haben Sie die Bowtruckles so verärgert?», herrschte Armando das Mädchen an.
«Ich… ich wusste nicht…», stammelte sie, völlig überfordert. Ihre Sprache klang in seinen Ohren seltsam, fremd und ungewohnt hart. Sie war offensichtlich keine Muttersprachlerin. Aber ein dringlicheres Problem schob sich in Armandos Gedanken in den Vordergrund.
«Sind Sie verletzt?», unterbrach er genervt.
«Nein, ich glaube nicht», antwortete das Mädchen mit etwas gefassterer Stimme. «Ich wusste nicht, dass hier, wie haben Sie sie genannt, Bowtruckles leben.»
«Ja, sie beschützen magische Bäume. Warum haben Sie ihren Zauberstab nicht eingesetzt?»
«Mir ist kein guter Zauber eingefallen», murmelte sie abwesend und starrte den Baum an, als würde sie etwas überlegen.
«Denken Sie nicht einmal dran. Alleine sollte man nie einen solchen Baum angreifen oder versuchen an einen seiner Äste oder Blätter zu gelangen. Und ich habe besseres zu tun als Ihnen zu helfen, sich die Augen auskratzen zu lassen. Was wollen sie eigentlich von einem Eichenbaum?»
«Ich… äh… ich brauche die Blätter für einen Trank.»
Kritisch betrachtete Armando erst die Frau, dann den Baum, der vielleicht noch vier oder fünf vertrocknete Blätter in seinen Ästen hängen hatte. Dann schwang er sich wieder in den Sattel seines aufgeregt schnaubenden Pferdes und wendete es auf der Stelle.
«Na dann noch viel Glück», rief er ihr über die Schulter zu. Und fragte sich im Wegreiten, für welchen seltsamen Zaubertrank man Eichenblätter brauchte. Ihm fiel jedenfalls keiner ein. Diese fremdländische Frau war nicht nur komisch, sie hatte ein Geheimnis und er war überrascht, wie neugierig er war, es zu lüften.
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Septimus hatte sich soeben eine kleine Mittagspause in der grossen Küche des St. Mungo-Hospitals gegönnt. Es hatte Kartoffel-Suppe gegeben mit Rübenstücken verfeinert und hartem Brot von gestern dazu. Ein einfaches Essen, aber es waren nun einmal harte Zeiten und das Spital hatte das Geld nicht gerade üppig. Dafür wusste er, dass er sich bereits auf ein feines Abendessen freuen konnte, das ihm Nellie zubereiten würde.
Je länger er mit der jungen Magd unter einem Dach lebte, desto mehr gewöhnte er sich an ihre Vorzüge. Sie erledigte ihre Pflichten vorschriftsgemäss und war zudem eine ausserordentlich nette, wenn auch etwas schüchterne und stille Gesellschaft. Er sollte seine Tante bald besuchen und ihr erzählen, wie wunderbar alles lief. Mittlerweile glaubte er nicht mehr wirklich daran, dass die junge Nellie für sie spionierte. Sie war so unglaublich scheu und zurückhaltend, er konnte sie sich einfach nicht als Spionin vorstellen.
In diesem Moment, während er gerade die Treppe zu seinem Büro erklomm, kam ihm Diane entgegen. Septimus hatte eigentlich nicht wirklich Lust auf eine Unterhaltung mit ihr, aber es war wohl unvermeidlich.
«Septimus, mein Lieber! Wie geht es dir? Was macht deine Bewerbungsarbeit für die ausgeschriebene Stelle?»
Na wunderbar, sie hielt ihren Finger genau in die Wunde. Das war eines ihrer grossen Talente, immer da draufdrücken, wo es wehtat. Um ehrlich zu sein, hatte er in den letzten Wochen keinen grossen Gedanken an seinen möglichen Fall verschwendet, es war ihm auch kein Patient ins Auge gesprungen, den er hätte vorstellen können. Aber immerhin hatte er ja auch noch bis August Zeit, also Ewigkeiten. Aber das wollte er vor der jungen Heilerin nicht zugeben.
Zu Diane sagte er stattdessen: «Die Fallvorbereitung geht gut voran. Natürlich kann ich noch keine Details verraten, aber ich denke, ich habe einen vielversprechenden Patienten gefunden.»
«Na prima, das freut mich zu hören. Nichts geht über einen fairen Wettbewerb. Ich bin natürlich schon mitten in den Vorbereitungen, habe bereits den perfekten Patienten und werde in Kürze einige interessante Forschungsergebnisse präsentieren können. Wahrscheinlich reiche ich meine Bewerbung auch schon deutlich vor August ein, ich denke, das könnte meine Chancen deutlich erhöhen, da die Chefetage die Stelle zügig besetzen will.»
Sie redete und redete und Septimus schaltete mal wieder ab, stellte auf Durchzug um sich in Gedanken mal wieder Sorgen zu machen. Was, wenn er die Stelle nicht bekam? Was würde seine Tante sagen, die ihm schliesslich die Ausbildung finanziert hatte? Was, wenn sie ihn nicht mehr finanziell unterstützen würde? Er würde sich die Haushaltshilfe nicht mehr leisten können, so viel war klar.
Hätte, wäre, wenn, reiss dich zusammen, Septimus, sagte er sich selbst in Gedanken. Es wird schon gut kommen. Du wirst schon noch einen guten Fall finden und dann wird alles gut werden. Aber wenn er ehrlich mit sich selbst war, hatte er in den letzten Wochen seine Forschungsarbeit schändlich vernachlässigt. Er hatte sich nicht einmal Mühe gegeben einen Fall zu finden.
Den Grossteil seiner Freizeit hatte er daheim verbracht, um mit Nellie zaubern zu üben. Und er war ungemein stolz auf sie, wie sie langsam aber sicher Fortschritte machte und trotzdem ihre Hausarbeit nicht vernachlässigte. Und während er an seine Magd dachte, merkte er, wie sich zum ersten Mal seit er das Hospital betreten hatte ein breites Lächeln auf seine Lippen stahl.
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Nate sass auf der hölzernen Bank vor seiner Waldhütte. Jackie, sein Terrier lag zu seinen Füssen. Es war kalt, aber die Sonne schien und von den grossen Eiszapfen an seinem Hausdach troff das Schmelzwasser. Nate hatte sich den Palisander-Stab genommen. Seit knapp einer Woche besass er ihn jetzt und immer noch wollten ihm die einfachsten Zauber nicht gelingen. Der Zauberstab tat zwar prinzipiell was er von ihm verlangte.
Aber manchmal schien er sich taub gegenüber seinen Wünschen zu stellen oder er interpretierte sie anders als Nate es gemeint hatte. Als er sich zum Beispiel mit Aguamenti einen Krug voll Wasser füllen wollte, hatte der Zauberstab die ganze Küche unter Wasser gesetzt und danach natürlich geweigert, mit einem einfachen Ratzeputz die Sauerei wieder aufzuwischen.
Dann wieder gehorchte der Stab und tat was Nathaniel wollte, aber er war so wankelmütig, so unzuverlässig und zum Teil regelrecht bockig, dass sich Nate noch unwohler fühlte als noch vor zehn Tagen ohne jeglichen Zauberstab.
Aber er wollte ihn auch nicht zurückgeben. Er brauchte schliesslich einen Zauberstab! Ausserdem wollte er Septimus nicht brüskieren indem er ihm sagte, dass der Stab, an dem er so hing, nicht ordentlich funktionierte.
Wahrscheinlich musste er dem Holz einfach seinen Willen aufzwingen, ihm zeigen wer der Herr war! Nate schwang den Stab, versuchte sich an ein paar einfachen Zaubern zum Aufwärmen, doch je energischer er das Stück Holz durch die Luft wirbelte, je mehr er sich konzentrierte und je stärker er seinen Willen lenkte, desto mehr schien sich der Palisander zu wehren.
Schliesslich gab Nate auf, nassgeschwitzt und vor Anstrengung keuchend. Sein Atem formte kleine weisse Wölkchen in der eisigen Luft. Laut sagte er: «Okay, Stab, für heute hast du gewonnen.»
Und er kam sich dämlich dabei vor.
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Es war ein Donnerstag, also eigentlich ein ganz normaler Arbeitstag. Doch nachdem Timotheo vom letzten Monat noch so viele Überstunden übrighatte, hatte sein Chef ihm vorgeschlagen, eher heim zu gehen, es sei ja doch nichts los im Büro.
Zuhause angekommen setzte sich Theo gemütlich in seinen grossen Lehnsessel und fing an die Zeitung zu lesen. Als er auf einen Artikel stiess, in dem es hiess, Walter K. sei vom Zaubergamot wegen Spionage zu einer lebenslänglichen Askabanstrafe verurteilt worden, musste er an die junge Miss St. Claire denken. Ob sie doch noch eine gute Geschichte bekommen hatte?
Die grosse Standuhr in der guten Stube schlug fünf und Theo stand auf um sich einen Schwarztee zu kochen. Doch als er aus dem Küchenschrank Milch holen wollte fiel ihm auf, dass der Krug leer war.
Seufzend nahm Timotheo seinen Zauberstab aus dem Holster, rief seinen Mantel herbei, schlüpfte in seine Stiefel und machte sich auf den Weg ins Dorf. Natürlich hätte er apparieren können, aber er genoss den Spaziergang, auch wenn es bereits dunkel war. Schnell beschwor er eine Laterne herauf und lief so durch den Wald.
Auch wenn die Wege vereist waren hatte er keine Mühe, denn er kannte die Pfade in- und auswendig und hatte seine Stiefel zudem mit einem Anti-Rutsch-Zauber belegt. Nach einer knappen halben Stunde leuchteten bereits die ersten Lichter von St. David’s zwischen den Ästen der kahlen Bäume auf.
Als Timotheo an einem herrschaftlichen Haus vorbeikam, bemerkte er eine dunkle Gestalt, die sich vor dem Tor herumdrückte.
«Wer da?», fragte er mit lauter, kräftiger Stimme.
«Nur ich», antwortete eine feine Altstimme, die ihm bekannt vorkam. Es war Tuppence St. Claire. Er hatte nicht erwartet, sie hier zu treffen.
«Miss St. Claire, was machen Sie alleine in dieser Dunkelheit?», fragte er sie, dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Das Haus, vor dem sie standen, war nicht irgendeines. Es gehörte der alten Miss Prudence St. Claire!
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Tuppence lungerte mal wieder den ganzen Nachmittag vor dem Haus ihrer Tante herum. Es war ein Ritual geworden, seit sie vor etwas mehr als einer Woche zurück nach St. David’s gekommen war. Wie viele Stunden hatte sie vor diesem Tor gestanden, hatte das herrschaftliche Anwesen angestarrt und sich dabei jedes Detail eingeprägt.
Die metallenen Rosen, die sich um das schmiedeeiserne Tor wanden. Der Backsteinbau, mit den rostroten Steinen, die je nach Tageszeit strahlend rot, blaugrau oder fast schwarz wirkten. Das schwarze Ziegeldach, unter dem eine Vogelfamilie zu nisten schien, denn es flogen in regelmässigen Abständen Amseln heran. Und natürlich der parkähnliche Garten, in dem mehrere kahle Büsche standen, die im Sommer vermutlich fantastisch blühten.
Ja, Tuppence hatte alles gesehen, was man vom Tor aus sehen konnte. Und doch hatte sie noch keinen Blick auf die Hausherrin erhaschen können. Und wie jeden Tag traute sie sich nicht, einfach an der Türglocke zu ziehen, um Einlass zu erbitten.
In diesem Moment hörte sie Schritte hinter sich. Eine tiefe Stimme fragte: «Wer da?»
Sie erkannte den melodischen Bariton von Timotheo Knight sofort und antwortete rasch: «Nur ich», bevor er auf die Idee kam sie zu verfluchen.
Er fragte sie, was sie hier tun würde aber sie brauchte ihm gar nicht zu antworten.
«Sie sind verwandt mit Prudence St. Claire.»
Penny nickte vorsichtig.
«Aber warum stehen Sie hier draussen? Sie ist ihre Mutter? Oder ihre Tante?», fragte Timotheo.
Tuppence nickte wieder.
«Dann weiss sie nicht, dass Sie hier sind?», Sein Aurorensinn fürs Schnüffeln schien geweckt zu sein. Trotzdem schüttelte Tup lahm den Kopf.
Der junge Mann schien zu überlegen, dann besann er sich. Völlig überraschend fragte Timotheo: «Begleiten Sie mich ein Stück? Hier ist es so kalt!»
Und ohne zu wissen, was sie da tat, kam Tuppence mit ihm mit. Sie liefen in Stadtrichtung, in die Innenstadt und stoppten schliesslich vor einem Pub, Zum lachenden Leprechan.
«Würden Sie ein Met mit mir trinken? Vielleicht wollen Sie mir erzählen was Sie hierhertreibt.» Er schien unsicher, aber gleichzeitig hatte sie das Gefühl, dass er sich selbst etwas beweisen wollte. Sie zögerte. Dann fügte er lächelnd an: «Ich bin ein guter Zuhörer.»
Ganz Gentleman hielt er ihr die Tür auf. Auf der kleinen Fläche neben der Bar tanzten ein paar Paare zu ausgelassener Musik, in der anderen Ecke sassen einige ältere Männer, die Köpfe tief über ihrem Kartenspiel versunken. Penny wählte einen Tisch am Fenster, eine halbheruntergebrannte Kerze erhellte den Platz.
Während Timotheo an die Bar ging um zwei Met zu holen blickte Tup aus dem Fenster, Eisblumen verdeckten die Sicht auf den von Strassenlaternen erhellten Platz vor dem Pub. Als der Auror zurückkam blickte er sie einen Moment lang mit einem undeutbaren Blick an, dann fragte er sie: «Erzählen Sie mal, was hat sie zurück hierher verschlagen?»
Tuppence seufzte. Dann fragte sie zurück: «Wo soll ich anfangen? Mein Chef ist verärgert, weil ich keine gute Geschichte an Land gezogen habe. Also dachte ich, ich fange etwas ganz Neues an, eine Serie über die einfachen Leute. Ich wollte über ungewöhnliche Frauen schreiben, so wie Ihre Schwester. Sie hatte angeboten mich mit einigen anderen Freundinnen von ihr in Kontakt zu bringen und bis jetzt läuft es wirklich gut! Nur muss ich auch noch meinen Boss davon überzeugen, dass die Idee toll ist.»
«Aber das hätten Sie auch von London aus machen könne.», sagte Timotheo Knight schlicht. «Sind Sie wegen Ihrer Verwandtschaft zurückgekommen?»
«Ja», antwortete Tuppence, erleichtert, sich endlich jemandem anvertrauen zu können. «Meine Tante hatte mir vor einigen Wochen geschrieben mit der Bitte mich bei ihr zu melden. Sie und meine Mutter hatten seit Jahren keinen Kontakt. Es ist etwas kompliziert…», schloss sie, unsicher, wie viel sie diesem Fremden anvertrauen sollte.
«Ich kenne mich mit komplizierten Geschichten aus, das gehört zum Berufsrisiko als Auror.» Je länger sie mit ihm zusammensass, desto mehr schien er aufzutauen. Konnte es sein, dass er einfach nur unglaublich schüchtern war? Sie bemerkte zu ihrer eigenen Überraschung, dass sie ihn zunehmend sympathisch fand.
«Meine Mutter ist eine Squib», platzte es aus ihr heraus. «Ihre Familie hat sie verstossen, als sie alt genug war, um auf eigenen Beinen zu stehen. Seitdem hatten Mum und ich keinen Kontakt zu den anderen St. Claires mehr. Aber nun erschien dieser Brief wie aus dem Nichts.»
«Ihre Tante hat offenbar den Wunsch, ihre Nichte kennenzulernen. Vielleicht ist sie einsam? Soweit ich weiss, hat sie keine Kinder und ihr Bruder wohnt ja auch nicht mehr hier.» Auf ihren fragenden Blick hin ergänzte er: «Ich glaube, der ist nach Amerika ausgewandert oder so.»
«Kennen Sie denn die St. Claires gut?», fragte Tuppence neugierig.
«Meine Eltern sind locker mit Prudence St. Claire bekannt. Meine Mutter ist im gleichen Gärtnerverein wie die gute Madam St. Claire.»
«Dann können Sie mich ja mit ihr bekannt machen?», fragte Tuppence aufgeregt.
Timotheo Knight schien einen Moment zu überlegen. Dann lächelte er. «Natürlich. Es wäre mir eine Freude!»
Nach diesem Gespräch fühlte sich Tuppence sehr viel besser. Sie sass noch eine knappe Stunde mit Mr. Knight zusammen und am Ende des Abends waren sie sogar beim Du angelangt. Timotheo begleitete sie noch durch die dunklen Gassen zurück in ihre Herberge. So gut hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt, nicht mehr seit…Aber daran wollte sie jetzt nicht denken.
Doch als Tuppence wieder in ihrem Zimmer war, wartete eine Überraschung auf sie! Ein Brief. Und noch bevor Tuppence den Umschlag aufriss, ja noch bevor sie die Anschrift gelesen hatte und die Schrift erkannte, wusste sie bereits von wem die Nachricht war.
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Lachend wirbelte sie herum. Noch eine Drehung, hier noch zwei Schritte, dann war das Lied zu Ende. Der junge Mann verbeugte sich lachend und führte sie zurück zum Rand der Tanzfläche. Rosalia war leicht ausser Atem und fühlte, wie ihr Gesicht glühte.
Es war das erste Mal seit langem, dass sie sich zum Tanzkränzchen aufgemacht hatte. Jeden Donnerstagabend im Lachenden Leprechan, das war schon zu den Zeiten ihrer Grossmutter so gewesen, wie diese ihr lächelnd erzählt hatte.
Und Rosalia, die schon immer gerne getanzt hatte, hatte natürlich nicht wiederstehen können. So war sie, nachdem sie sichergestellt hatte, dass ihre Grossmutter alles hatte was sie brauchte, in ihre Tanzschuhe geschlüpft und hatte sich auf den Weg gemacht.
Tatsächlich hatten sich schon einige Paare auf der kleinen Tanzfläche eingefunden, die zu Liedern wie Between 18th and 19th on Chestnut Street fröhlich über den Holzboden wirbelten. Zuerst hatte Rosalia eine Weile alleine an einem Tisch direkt neben den Tanzenden gesessen, dann hatte ein junger Mann die Initiative ergriffen und sie zum Tanzen aufgefordert.
Es hatte gut getan sich mal wieder gehen zu lassen, sich zu verausgaben und mal wieder etwas Gutes für sich zu tun. Am Ende des Abends, nachdem der Wirt das letzte Lied über ein grosses Grammophon abgespielt hatte, verabschiedete sie sich und verschwand in die Nacht. Zuhause angekommen schnappte sie sich die Leine und machte sich auf einen Spaziergang mit ihrem Hund, Bucky.
Da sie sich noch wach und munter fühlte lief sie weiter, als sie normalerweise gegangen wäre. Auf einmal sprang Bucky los und verschwand zwischen den weiss verschneiten Bäumen.
«Bucky, hier!», rief Rosalia
Doch der Hund reagierte nicht. Stattdessen hörte sie ein unterdrücktes Fluchen. Als Rosalia den Spuren ihres Hundes im Schnee folgte, stiess sie auf einen jungen Mann, der versuchte Bucky von einem Terrier zu trennen. Die beiden tollten ausgelassen durch den Schnee.
«Sie spielen doch nur», rief Rosalia
«Ja, genau, bis dein Vieh meinen armen Jacky zerfleischt!», herrschte sie der Mann an. Die Stimme kam ihr sofort bekannt vor, auch wenn sie sie seit Jahren nicht mehr gehört hatte.
«Bist du das?», fragte sie dennoch. Aber eigentlich bestand kein Zweifel. Es war Nathaniel Stewart.
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Eliza war stolz auf sich. Sie hatte schliesslich doch noch einen Ast gefunden, der aussah als könnte er als Zauberstab taugen. Und das ganz ohne sich mit diesen Bowtruckles auseinandersetzen zu müssen. Dieser unverschämte Widerling, der auf seinem hohen Ross angeritten war, hatte ja keine Ahnung! Sie hatte einfach einen Stock vom Boden aufgehoben, der im Tumult vom Baum abgebrochen war. Insgeheim wusste sie, dass Mr. Ollivander das für falsch halten würde, aber der Ast sah wirklich sehr wie ein Zauberstab aus und er war ja offenbar von einem magischen Baum, also würde das schon gut gehen.
Jetzt fehlte nur noch der Kern. Am liebsten hätte Eliza ja etwas Majestätisches genommen wie Drachenkralle oder so, aber das war dann vielleicht doch etwas gefährlich… Aber etwas Königliches passte eigentlich eh nicht zu Nathaniel. Da schon eher etwas, das mit Diebstahl zu tun hatte. Also überlegte sie, sich mit etwas einfacherem zu begnügen, etwas Harmloseren. Vielleicht eine Phönixfeder? Aber wo sollte sie jetzt einen Phönix hernehmen?
Vielleicht konnte sie eine Zutat kaufen? In London gab es doch die Winkelgasse, Tante Fanny hatte sie dahin mitgenommen. Ein bisschen was Erspartes hatte Eliza noch. Aber dann fiel ihr ein, dass sie ja eigentlich nicht nach London zurückkonnte, wegen… Nicht daran denken, Eliza. Das macht dich nur traurig.
Während sie so nachdachte wanderte sie durch den dunklen Wald, es war bereits nach neun Uhr abends. In diesem Moment kam ihr ein Pferd entgegen. Es war gross und schwarz, mehr konnte Eliza in der Dunkelheit nicht erkennen. Sie erleuchtete ihren Zauberstab um mehr sehen zu können. Und vor Schreck liess sie ihn fast fallen. Das Pferd glich mehr einem dunklen Geist als einem lebenden Tier. Es sah abgemagert aus, knochig und in seinen leeren Augenhöhlen glänzten rote Lichter.
Es schnaubte und stupste sie an und Eliza hatte bereits Angst, dass es sie angreifen würde. Aber es schien sich ruhig zu verhalten. Im nächsten Moment hörte sie Hunde bellen und der magische Moment war vorbei, denn das Pferd scheute und galloppierte davon. Dabei verhedderte sich sein langer schwarzer Schweif in den Ästen des Gebüsches und ein paar Haare rissen aus. Das war ihre Chance. Ohne genau zu wissen was sie da tat sammelte sie die Schweifhaare ein und verstaute sie sorgfältig in ihrer Tasche.
Dann löschte sie ihren Zauberstab, es könnten ja Unwisse in der Nähe sein, und sah nach, woher der Tumult kam. Sie hätte sich keine Sorgen machen müssen, denn die beiden Gestalten, die auf der Lichtung gleich um die Ecke mit zwei Hunden standen hatten ebenfalls Zauberstäbe erleuchtet. Und diese beleuchteten gut sichtbar ihre Gesichter.
Die eine Person war eine junge, ausserordentlich hübsche Frau. Doch als Eliza die andere Gestalt erkannte schlug ihr Herz vor Aufregung schneller. Denn es war Nathaniel Stewart der sich da mit dieser Schönheit auf einen romantischen Spaziergang getroffen hatte. Und noch während sie wegrannte, einfach nur weg von diesem furchtbaren Anblick, immer weiter über Stock und Stein, durch Gebüsch und Dornen, spürte sie wie heisse Tränen ihr Gesicht herabliefen.
Magische Reichskanzlei
Septimus Haus
Howard's Hausrat
Wald
Nathaniels Hütte
Timotheos Haus
das Anwesen der St. Claires
Zum lachenden Leprechan
St. Mungo-Hospital
Gerda Goldstein
Cyril von Rommersdorf
Nathalia Howard
Diane Sandringham
1. Februar 1940
Donnerstag
Finnland: Winterkrieg – Zweite Schlacht von Summa: die russische 7. Armee zerschlägt Schlüsselpositionen der Mannerheim-Linie in der Nähe der Ortschaft Summa. Angriffswellen mit Panzern, welche gepanzerte Schlitten mit Infanteristen hinter sich herziehen (sogenannte ‚Molotow-Särge‘) und mit Flammenwerfern, werden von Feuerwalzen der Artillerie und Hunderten von Flugzeugen unterstützt. Die Finnen können die Angriffe bis zum 11. Februar abwehren. Die Russen setzen die Angriffe jedoch bis zum 16. Februar fort.